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Heiß

Inzwischen ist es doch glatt Sommer geworden und das auf meinem Kopf kann man wieder Frisur nennen. 

Ich habe in den letzten Wochen viel im Garten gearbeitet: Unkraut gezupft, Beetbegrenzungen geändert und gebuddelt. Inzwischen beginnt der Garten langsam in die gewünschte Richtung zu gehen und wie ein Garten auszusehen. Gleichzeitig waren die Haustüre und andere Sachen auszusuchen. Wir haben auch schon erste Rückschläge hinnehmen müssen, unser Einzug wird sich auf jeden Fall bis in den Spätherbst verschieben. Das ist sehr unschön, aber aufgrund der Lieferlage und des Baustoffthemas nicht zu ändern. 😕 Wenigstens haben wir Hortplätze für die Kinder bekommen können - das macht alles schon mal leichter.

Die Hitze im Moment macht mich ein bisschen fertig. Das verträgt sich überhaupt nicht mit meinen Hitzewallungen … oder besser gesagt zu gut. 🙈 Wenn einem eh schon warm ist und dann die Körpertemperatur selbsttätig noch einmal steigt, ist das nicht so fröhlich. Gerade in der Nacht werde ich mindestens ein – an heißen Tagen mehrfach – wach, weil plötzlich das Thermostat verrückt spielt und mein Herz überall Blut hinpumpt. Wenn ich in so Momenten eine Maske trage, wird es so heiß, dass ich darunter so ein Gefühl bekomme, wie wenn man sich in der Sauna anpustet. Das ist wirklich verrückt. 

Aber eigentlich komisch, woran man sich so alles gewöhnt. Wenn jemand fragt, sage ich immer, dass es mir gut geht. Das ist auch nicht gelogen, so fühle ich das auch, denn die ganzen nervigen Nachwirkungen der Chemotherapie sind mein New-Normal. Sie fallen mir nur so dann und wann auf, wenn sie mal wieder besonders nerven.

 

Aber die Realität ist, dass das nicht spurlos an mir vorbei gegangen ist. Auf meinen Fingernägeln haben sich die Chemositzungen in Ringen abgelagert. Jedes Mal, wenn wieder die schnell wachsenden Zellen eine Keule abbekamen, bildete sich eine Furche. Ich lege Euch mal ein Bild in eine Fotogalerie, damit Ihr wisst, was ich meine. 

 

Ich bin ziemlich vergesslich – viel mehr als vorher. Wenn ich mir vorstelle, dass ich jetzt im Moment beruflich das schaffen sollte, was ich vorher gemacht habe, ich glaube, das bekäme ich nicht hin. Eigentlich bin ich mit dem bisschen Orgakram vom Haus und dem Abholen der Kinder schon ausreichend ausgelastet. Heute habe ich glatt die wichtigsten Dinge vergessen, die man mir letzte Woche Montag gesagt hat – schön trotzdem eingecremt, -geseift und -deodoriert, sowie weder Schlappen, noch Handtuch, noch Terminzettel mitgenommen. Es ist wirklich ein Kreuz. 

Meine Zungenspitze, die sich ja bei jeder Sitzung mit Missempfindungen beschwerte, ist immer noch empfindlich. Ich habe den Eindruck, als ob ich nun aufgrund des natürlichen Alterungsprozess meiner Zellen in einen geschmacksarmen Bereich gekommen bin, in dem nur eine geringe Anzahl an Zellen Informationen ans Gehirn sendet. Das äußert sich so, dass ich nur süß und salzig gut wahrnehme. Die feine Palette der Nuancen dazwischen bleibt mir verborgen und so schmeckt alles etwas flach - nicht besonders lecker. Komischerweise merke ich das bei meinem Geruchssinn nicht so. Aber vielleicht fällt es mir da einfach weniger auf. 

Meine Zehen fühlen sich immer noch wie eingeschlafen an, der dicke Zeh weniger als die kleineren. Das ist komisch und ein wenig lästig, weil ich manchmal stolpere, aber schränkt mich ansonsten nicht weiter ein. Letzte Woche hat es mich deshalb längs eine Treppe hinauf geworfen, ich habe immer noch ein gelbgrünes Knie von der Prellung. 

Meine Beine sind auch noch schwer. Ich ignoriere das geflissentlich, aber wenn ich lange gesessen habe, wackele ich die ersten Schritte ein wenig, wie eine alte Frau. Ich habe aber den Eindruck, von das in den letzten zwei Wochen ein bisschen besser geworden ist.

Ebenso besser geworden sind die Missempfindungen an den Fingern. Davon merke ich inzwischen kaum noch etwas.

Meine Haut hat sich ebenfalls beruhigt. Das Einzige, was noch nicht wieder okay ist, ist meine Nase. Sie tropft immer noch dann und wann. Dazu habe ich oft eine verkrustete Nasenschleimhaut und eine Stelle, wo sich so eine richtige kleine Furche gebildet hat, weil es nicht abheilt. Aber dafür creme ich jeden Abend mit einer Heilsalbe. Früher oder später wird es abheilen. Es war sogar schon mal etwas besser … 

Aber eigentlich sind das alles Kleinigkeiten. Ich bin froh und dankbar, dass es mir so gut geht. 

Ich bin inzwischen zum zweiten Mal geimpft und daher sehr erleichtert. Auch die Kinder, die das Ganze zwischendurch nicht so ganz leicht hinnahmen, sind inzwischen unbeschwerter. 

Noch bis voraussichtlich Januar werde ich alle drei Wochen eine Stunde mit den Antikörper-Infusionen beschäftigt sein. Die Strahlentherapie hat heute begonnen. Aber das beschreibe ich Euch ein anderes Mal. Jetzt muss ich erst einmal die Kinder abholen. 

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Kommentare: 2
  • #1

    Ingrid (Montag, 28 Juni 2021 17:03)

    Hallo Saskia, Du sIehst toll aus mit den kurzen Haaren! Fast wie eine gewollte Frisur. Es ist schön, daß es Dir trotz der vielen "nebensächlichen" Beschwerden recht gut geht. Ich drücke Dir die Daumen, daß die Bestrahlung nicht zu heftig wird. Mir ging es währenddessen eigentlich gut, aber zum Schluss hatte ich dann doch eine blöde Verbrennung (und hatte deshalb noch 2 weitere OPs, aber das war eine blöde Sache und eine ganz andere Geschichte). Die "Laufnase" habe ich auch nach 10 Jahren immer noch und wie bei Dir ist manchmal Nasensalbe mein bester Freund. Aber hey, still alive! Ich wünsch Dir alles Gute für den Rest der Antikörperbehandlung und für den Bestrahlungszeitraum. Und Stilldemenz oder Chemobrain - was soll's...Post-it-Zettel und Kalender helfen� Liebe Grüße, Ingrid

  • #2

    Diana (Montag, 28 Juni 2021 19:32)

    Liebe Saskia,
    ich freue mich wirklich sehr, wie stark du deinen Weg gehst und dass es dir - neben all den ungewünschten und lästigen Neben- und Nachwirkungen - dennoch gut geht im new normal! Sei jeden Tag stolz auf dich! Wie du das alles wuppst! Wahnsinn! Und euer Garten sieht klasse aus!
    Seid alle lieb gegrüßt!!