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Letztes Mal

Ich zähle letzte Male. Heute war die letzte Chemotherapie. Es ist wirklich Zeit. Ich merke, dass mein Körper jetzt langsam aus dem letzten Loch pfeift. Jetzt zum Ende kribbeln doch noch meine Füße. Ich muss gut aufpassen, um nicht umzuknicken oder falsch aufzutreten.  Ich hatte gehofft, dass mir das erspart bleibt. Dagegen nehme ich ja Keltican forte. Mal sehen, wie lange es dauern wird, bis es wieder besser ist.

 

Zusätzlich ist meine Haut wirklich übel. Am Sonntag hat mich einer der Jungs morgens im Bad angesehen und gemeint: "Mama, deine Haut sieht ja schlimm aus! Tut das weh?" Ich: "Nicht alles." Meine Mundwinkel sind erst seit wenigen Tagen zugeheilt. Sie reißen aber alle Nase lang immer wieder ein.

 

Apropos Nase: Auch da habe ich immer noch Probleme. Ich versuche mit Nasenöl und Meersalz dagegen anzuarbeiten. Aber es ist begrenzt erfolgreich.

 

Dennoch will ich nicht jammern. Immerhin war es heute die letzte Sitzung. Ich muss also nur den Tag zu Ende überstehen und bekomme hoffentlich auch diesmal keine fiesen Durchfälle. Dann ist dieser Teil der Behandlung endlich vorüber. 

 

Wie wird es weitergehen?

  • Ich muss noch mehrere Male Antikörper bekommen. Das wird wohl noch einige Wochen dauern.
  • Am 29.4.2021 ist  meine OP. Da werden die Tumorbetten herausgeschnitten und der Wächterlymphknoten entfernt. 
  • Danach kommt die Bestrahlung. 
  • Am Ende kommt die Anti-Hormontherapie. Diese Medikamente werde ich über Jahre nehmen müssen.

Was ich wirklich nervig finde: Das Brustzentrum im Markus Krankenhaus wird seit dem 1.1.2021 nicht mehr vom Sozialzentrum unterstützt. Das bedeutet, dass ich keinerlei Ansprechpartner für die Antragstellung für die Behinderung habe und auch, [das freut mich ganz besonders,*nicht*] im Gegensatz für Patienten anderer Kliniken, meinen Antrag auf Reha selbst stellen darf. So nett also die Chemoschwestern sind und wie gut ich mich medizinisch auch aufgehoben fühle, im Moment würde ich niemandem dazu raten ins Agaplesion Markus Krankenhaus zum Brustzentrum zu gehen.

 

Ich habe mich am 24.2.2021 für die Impfung registriert. Bisher habe ich aber noch keinen Terminvorschlag bekommen. Stattdessen bekam ich am 18.3. eine Hinhalte-E-Mail. Ich zitiere daraus: 

Aktuell sind in Hessen innerhalb der Priorisierungsgruppe 2 etwa 1,5 Millionen Personen impfberechtigt. Mehr als 750.000 Personen haben sich – wie Sie – bereits für eine Impfung registriert. Bitte lassen Sie sich nicht verunsichern, wenn Personen aus Ihrem Bekannten- oder Familienkreis schon Impftermine erhalten haben. Ihre Anfrage ist nicht verloren gegangen. Der Zeitpunkt Ihres Impftermins ist nicht unmittelbar vom Zeitpunkt Ihrer Registrierung abhängig.

Die Terminvergabe erfolgt grundsätzlich

  • nach der Verfügbarkeit der zugelassenen Impfstoffe und
  • nach der Kapazität Ihres Impfzentrums.
  • Zwei Drittel der zur Verfügung stehenden Termine wird absteigend nach dem Alter der Registrierten und, bspw. innerhalb eines Jahrgangs, nach dem Zufallsprinzip vergeben. Das heißt, zuerst kommen 79-Jährige an die Reihe, dann 78-Jährige und so fort.
  • Ein Drittel der verfügbaren Dosen geht an die Personen – ebenfalls nach dem Zufallsprinzip –, die einen berufs- oder krankheitsbedingten Anspruch haben.

Jetzt ist es Anfang April und ich sehe noch kein Licht am Ende des Tunnels. Wenn ich draußen auf Spielplätzen oder bei Spaziergängen sehe, wie viele Menschen sich einfach nicht an Abstandsregeln und Maskenpflicht halten, mache ich mir Sorgen. Habt Ihr Euch die Inzidenzwerte angesehen? Die Mutante scheint wirklich viel gefährlicher zu sein und nun sind auch die Kinder gefährdet. Mein Immunsystem wird wohl noch 1–2 Woche brauchen, bis es wieder auf dem Damm ist. Natürlich mache ich mir daher auch Sorgen um mich selbst. Daher finde ich gut, dass nun Osterferien sind. 

 

Was ich nicht verstehen kann, ist warum wir diese Zeit nun nicht für einen harten Lockdown nutzen. Dieser weiche, ewig dauernde Light-Lockdown ist doch nicht sinnvoll. Die dafür getroffenen Entscheidungen sind halbherzig oder unverständlich. Warum dürfen Menschen sich ohne Mengenbeschränkungen in die Öffentlichen quetschen, während gleichzeitig Läden mit Hygienekonzept nicht öffnen dürfen? Warum dürfen Leute sich auf Parkbänke knubbeln und in die Außengastronomie nicht? Natürlich hat das politische Gründe, Lobbys, Machtfaktoren und so weiter ... aber das ganze Durcheinander macht verständlich, warum viele Menschen die Maßnahmen nicht ernst nehmen. Wenn wir jetzt zwei oder drei Wochen wirklich alle Zuhause bleiben würden, dann würden die Zahlen automatisch fallen. Danach könnte man (z.B. nach dem Tübingen-Beispiel) erste Schritte für die kontrollierte Öffnung machen. 

 

Dagegen, wenn wir jetzt die Schulferien verpennen und immer noch Lockdown-Light machen – nämlich mehr oder weniger nicht –, dann wird der harte Lockdown danach kommen müssen. Dann, wenn die Kinder wieder in die Schule gehen sollten. Dann, wenn die Betreuung nicht mehr geregelt ist. Dann, wenn es die Schulkinder wieder kostbare Lernzeit kosten wird, die sie eigentlich in Interaktion mit Gleichaltrigen und ihren Lehrer*innen verbringen sollten. 

Macht Ihr Euch auch Sorgen?